Stadtvillen an der Wiener Peripherie
Stadtvillen an der Wiener Peripherie
7. janvier 2008
Villenkolonie in Hadersdorf
Fotos: Pez Hejduk
Ein jüngeres Vorbild ist die 1992 fertig gestellte Siedlung Pilotengasse in Wien-Aspern, zu der ebenfalls Krischanitz zwei Partnerbüros lud: die heutigen Weltstars Herzog & de Meuron sowie den mittlerweile verstorbenen Otto Steidle. Die Pilotengasse verstand sich als Beitrag zum Wohnen an der Peripherie. Mithilfe von gekrümmten, lang gezogenen Hausreihen und Einzelhäusern mit Trailerpark-Anmutung wurde versucht, in der Siedlung eine räumliche Mitte zu erzeugen.
Der Bauträger bei der neuen Siedlung in Hadersdorf ist wieder derselbe wie in Aspern, das Österreichische Siedlungswerk, diesmal zusammen mit Partner GSG und Generalunternehmer Strabag, doch die Ausrichtung ist eine völlig andere, obwohl es sich wieder um eine periphere Situation handelt. Initiator Krischanitz erläuterte bei der Eröffnung die zugrunde liegende Idee: der Wohntypus, in dem man als Architekt am ehesten wohnen wolle, wenn man „ins Grüne“ ziehe, sei die historische Villa, die in mehrere moderne Wohnungen geteilt wäre. Das ergebe die richtige Mischung aus Dichte und Freiraumbezug, Urbanität und Intimität. Hier wären weder Einfamilienhäuser, noch Geschoßwohnbauten, noch Reihenhäuser gefragt gewesen, sondern etwas anderes: Die zehn Häuser sind nun als „Villen“ mit jeweils drei bis sechs Wohnungen angelegt und in einen strikten Raster geordnet, der minimale Abstände zwischen den Gebäuden lässt – diese liegen in Querrichtung bei fünf bis neun Metern. Dem entsprechend sorgfältig mussten die Grundrisse konzipiert werden, um in den Häusern nicht ein Gefühl von Beengtheit aufkommen zu lassen. Die Dichte der Siedlung sei das Avantgardistische an diesem Projekt, meinte Krischanitz.
Hans Kollhoff
Komplexes Gebilde: Hermann Czech
Die zehn Bauplätze wurden zwischen den neun Architekten Peter Märkli, Hans Kollhoff, Otto Steidle, Marcel Meili und Markus Peter, Roger Diener, Heinz Tesar, Max Dudler, Hermann Czech und Adolf Krischanitz verlost, neben dem Bautypus gab es zwei Vorgaben: die Höhe von neun Metern und der Baustoff Beton, was sich vor allem darin äußert, dass die Villen Sichtbetonfassaden besitzen. Abweichungen davon liefern Kollhoff mit einem pseudoklassizistischen Wohnhaus („Großbürgertum am Stadtrand“), ein Haus von Krischanitz, das durch kostengünstige Gestaltung das Budget sichern sollte, sowie Czech, der Wärmedämmung und Verputz nach außen legt, die weiche Fassade durch Kantenrundungen sichtbar macht, aber leider die gewünschte Sichtbetonoberfläche im Wohnungsinneren nicht durchsetzen konnte. Czechs Haus ist eines der interessantesten, weil es die Wohnungsanordnung nicht, wie beim Geschoßbau üblich, seriell (horizontal oder vertikal) auffasst, sondern jede anders anlegt, anders zugänglich macht und so einen komplexen Baukörper erreicht. Herausragend auch das Gebäude von Meili & Peter, das mittels Eckloggien und Verglasungen über die Raumkanten trotz dichter Bebauung Großzügigkeit erreicht. Die beiden Häuser von Krischanitz stapeln jeweils sechs Wohnungen, die Erschließung erfolgt jedes Mal in der Gebäudelängsachse, von einer zentralen Stiege aus. Dem entsprechend sind alle Wohnungen symmetrisch angelegt, einmal um einen großzügigen Vorraum, der auf eine raumhohe Verglasung orientiert ist, einmal um einen zentralen Wohn- und Erschließungsraum, den eine eingeschnittene Loggia belichtet. Eindrucksvoll sind auch sowohl die Betonfassade als auch die vier ineinander verschränkten Wohnungen mit bis zu vier Meter hohen Räumen von Roger Diener.
Zu den neun planenden Herren muss die Landschaftsplanerin Anna Detzlhofer hinzugezählt werden, die um die neun Häuser einen aneigenbaren Grünhintergrund legte. Insgesamt also zehn Planer und zehn Häuser plus ein Garten und nicht, wie anfangs geplant, neun Architekten und zwölf Häuser. Robert Temel
Den vollständigen Beitrag und weitere Bilder finden Sie in architektur.aktuell, Ausgabe 12.2007
Mustersiedlung
Model Estate "9=12" Wien
2007
Wien-Hadersdorf
Josef-Ressel-Straße/Friedhofstraße
Bauherr
ÖSG Stadtentwicklungs- & Wohnbaumanagement GesmbH
Generalunternehmer
STRABAG
Architektur
Adolf Krischanitz
(Masterplan)
Planung
Hermann Czech
Wien
Roger Diener
Basel
Max Dudler
Berlin
Hans Kollhoff
Berlin
Adolf Krischanitz
Wien
Peter Märkli
Zürich
Meili & Peter
Zürich
Otto Steidle – Johannes Ernst
München
Heinz Tesar
Wien
Landschaftsarchitektur
Anna Detzlhofer
Grundstücksfläche
7.800 m2
Villen
10
Apartments
42
Baubeginn
2005
Fertigstellung
10/2007
Fördermittel
2,5 Mio EUR